Aus der Geschichte der Stadthalle

(recherchiert in den Akten des Stadtarchivs)

Die Bergaer Schützengesellschaft, bestehend seit 1791, stellte im Jahre 1841 den Antrag auf Bau eines massiven Schützenhauses auf dem Steinanger in Berga. Seit 50 Jahren wurde auf diesem Platz jährlich ein Vogelschießen veranstaltet. Der Zuspruch wurde immer größer und es bestand nun der Bedarf eines sogenannten Schießhauses, mit Schank- und Speisenwirtschaft und Platz für die Bälle der Schützengesellschaft. Finanziert wurde das Objekt durch den Verkauf von Aktien. Der Bauantrag bei der Gemeinde wurde am 05.10.1841 gestellt und schon sechs (!!) Tage später, am 11.10.1841 genehmigt. Schon im Mai des darauffolgenden Jahres wurde das Schießhaus erstmals im Rahmen des Vogelschießens genutzt. Es war der 24. Mai 1842, ein denkwürdiger Tag in der Geschichte stadthalle2unseres Ortes. Nicht wegen der Einweihung dieses Gebäudes und des großen Festes auf dem Schützenplatz ist er in Erinnerung geblieben, sondern wegen des großen, verheerenden Stadtbrandes, der an diesem Tag die gesamte Innenstadt von Berga in Schutt und Asche legte.
Auch die Familie von Bäckermeister Carl Kriegelstein hielt sich auf dem Schützenplatz auf, als man in der Oberstadt Rauch aufsteigen sah. In der allgemeinen Aufregung blieb der Kinderwagen mit dem kleinen Julius (geb. am 10.01.1842) auf dem Festplatz zurück und die Eltern eilten zu ihrem Haus in der Fleischergasse, um noch zu retten, was zu retten war. Während auch dieses Haus bis auf die Grundmauern abbrannte, brachte irgendjemand den Kinderwagen in das Häber'sche Haus (heute Puschkinstr. 7), wo das Kind dann lange Zeit verblieb und versorgt wurde.
Über die Jahre erfuhr das Schießhaus zahlreiche Um- und Anbauten. Die Wirtsleute wechselten. Aus der anfänglich auf die Versorgung des Schützenfestes begrenzten Konzession wurde eine fest etablierte Speisegaststätte. Der Saal wurde für die verschiedensten Vergnügungen genutzt, bis hin zu Theater- und Konzertaufführungen. stadthalle2Der Bergaer Theaterverein hatte ab 1920 seinen vertraglichen Sitz in diesem Haus.
1935 verkaufte die Schützengesellschaft ihr Schützenhaus an die Gemeinde, die für dieses Objekt große Umbaupläne hatte. Architekt Schneider, der in Berga zahlreiche Bauprojekte betreute, bekam den Auftrag, eine modernen Anforderungen genügende Turnhalle zu projektieren, die auch als Festsaal für die Gemeinde genutzt werden kann. Es entstand die Stadthalle mit Gaststätte, Mehrzwecksaal und Bühne, wie sie bis zuletzt stand. Die Fenster der Gaststätte wurden geziert von Zunftzeichen des Bergaer Handwerks.
Die eingebauten und beweglichen Sportgeräte ermöglichten noch in den 1980er Jahren auch die Nutzung als Sporthalle für den Schul- und Breitensport. Auch die später im NAW ("Nationales Aufbauwerk" - eine in der ehemaligen DDR nach dem Krieg initiierte Initiative zum Wiederaufbau des Landes) angebaute 4-Bahn-Kegelanlage erfreute sich bei den Sportlern großer Beliebtheit.
Die Stadthalle war immer beliebter Treffpunkt der Jugend. Der Bau des Klubhauses im Zuge der Wismut-Bauarbeiten in Berga, schmälerte diese Beliebtheit keineswegs. Bis 1990 war sie Jugendklubhaus, wurde von der hauptamtlichen Leitung des Klubhauses in Berga mit betreut und die unzähligen Veranstaltungen waren überregional bekannt und stets ausverkauft.stadthalle3
Nach der Wende verkaufte die Stadt das Objekt samt der Kegelbahn. Die Geschichte dieses Verkaufes füllt mehrere Ordner, deren Inhalt nicht hierher gehört. Der letzte Besitzer, der auch noch die Gaststätte bewirtschaftete, warf letztendlich das Handtuch. Die altehrwürdige Stadthalle fristete das Dasein der Vergessenheit. Sie überlebte das Hochwasser 2013 fast unversehrt und fand danach noch einen neuen Besitzer, der sich wohl keine wirklichen Gedanken über die Nutzungsmöglichkeiten für ein solches Objekt, stehend in einer potenziell hochwassergefährdeten Zone, gemacht hatte. Und so verfiel sie immer mehr und wurde zum „Forschungsobjekt“ für Kinder und Jugendliche.
Der verheerende Brand am 09. Februar 2019 setzte dann den Schlußpunkt unter die lange Geschichte eines Hauses, das am Tag eines verheerenden Brandes eingeweiht worden war.